Initiative gegen den Krieg Paderborn

                                    
Rede von Dr. Peter Witte am 17. Januar 2009 auf der Kundgebung gen den Gaza-Krieg

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Warum tust Du Dir das eigentlich an – so oder ähnlich lauten Fragen, die an mich, an uns, derzeit gerichtet werden. Das Spektrum der dieser Frage zugrunde liegenden Haltungen ist weit. Es reicht von eindeutiger Befürwortung dieses schmutzigen Krieges über die Auffassung, man könne ja sowieso nichts bewirken bis zur völligen Gleichgültigkeit oder Qualifizierung als „Gutmenschentum“. Dabei kann ich mit der Charakterisierung „Gutmensch“ gut leben, denn: was wären dann die Anderen? Schlechtmenschen?. Gutmensch zu werden ist schließlich ein Anspruch, dem sich jeder stellen sollte: an das Gute zu glauben und selbst das Seinige dazu beitragen.

Was mir schwer fällt in diesem Lande, was ich nicht ertragen kann, ist zweierlei: zum einen die Rechtfertigung ausschließlich einer Seite – der israelischen. Dies geschieht offensichtlich in mangelhafter Kenntnis der aktuellen Situation und Geschichte und der Annahme, die deutsche Historie erfordere eine grenzenlose Zustimmung zur Politik dieses Staates.

Noch schwerer wiegt allerdings zum zweiten die Gleichgültigkeit vieler Bürger dieses Landes und insbesondere von Christinnen und Christen, die vom Glauben her keinem Krieg das Wort reden dürften. Oder gilt die Bergpredigt Jesu nur für den kuscheligen Sonntagsgottesdienst?

Ihnen , sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer danken wir, dass Sie trotz der widrigen Wetterverhältnisse uns unterstützen und Ihren Protest ausdrücken.
 

Es ist wahr: wir sind einseitig. Völlig einseitig sind wir gegen Krieg und stehen völlig einseitig auf der Seite der Opfer. Diese Einseitigkeit darf man uns ruhig vorwerfen, ist doch der Krieg – nicht - wie Clausewitz sagte – die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern Ausdruck des völligen Versagens von Politik.

Wer das nicht glaubt, möge sich doch bitte die Bilder aus dem Kriegsgebiet anschauen. Das wahre Ausmaß der Katastrophe wird vermutlich erst erkennbar, wenn endlich ausländische Journalisten in das Land dürfen, Die Behinderung der freien Presse, die auch woanders Methode hat, ist ein weiteres Kriterium für die Asymmetrie dieses Krieges.

Wir, die Mitglieder der katholischen Friedensbewegung pax christi sind einseitig gegen den Krieg in und um Gaza – aber nicht Anhänger einer Seite. Wer dies behauptet, war auf keiner unserer Kundgebungen und Demonstrationen und hat sich nicht die Mühe gemacht, unsere Statements und Flugblätter zu lesen. Seit den 60er Jahren hält pax christi an der doppelten Solidarität mit Israel und Palästina fest. Mit den Augen auch des Anderen zu sehen – dies ist unerlässlicher Auftrag an die kriegführenden Parteien – wie auch an uns als Deutsche.

Der frühere israelische Ministerpräsident und FriedensnobelPreisträger Jitzchak Rabin sagte 1993 anlässlich des Osloer Abkommens zwischen der israelischen und der palästinensischen Regierung:  „ Wir sind dazu bestimmt, auf dem gleichen Boden, auf der gleichen Erde zusammenzuleben. Es gab zuviel Blut und zuviel Tränen. Es reicht.“ Am 4.11. 1995 wurde Rabin von einem israelischen Terroristen erschossen, als er das „Lied des Friedens“ sang. Wie viele Männer, Frauen und Kinder müssen noch sterben, ehe sich seine Erkenntnis des „Es reicht“ durchsetzt?

Ein Waffenstillstand, wie er sich jetzt abzeichnet, ist ein allererster Schritt für Frieden in dieser Region. Viele müssen folgen.

Ich zitiere aus der Erklärung des Geschäftsführenden Vorstandes der deutschen Sektion von pax christi: „Der derzeitige Konflikt ist militärisch nicht zu lösen. Auch eine Niederlage der Hamas im gegenwärtigen Krieg wird das Leben in israelischen Städten nicht dauerhaft sicherer machen. Nur eine Aufhebung der Blockade des Gaza-Streifens kann die Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung für einen Gewaltverzicht und einen friedlichen Verhandlungsweg stärken. Langfristig wird Frieden in der Region und damit auch Sicherheit für Israel nur erreicht, wenn die Palästinenser eine politische Perspektive in Selbstbestimmung erhalten. Kurzfristig kann es nur eines geben: sofortigen Waffenstillstand und ein Ende des Blutvergießens“.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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